
Es war einmal... Disneys Schneewittchen-Problem: Eine Chronik
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21. März 2025, 08:17 Uhr
"Schneewittchen" war 1937 Walt Disneys Goldkind - und als erster abendfüllender Zeichentrickfilm der Startschuss für eine unvergleichliche Filmkarriere. Es hagelte euphorische Zuschauerreaktionen, Kritikerlob und sieben Oscars - im Zwergenformat.
88 Jahre später will Disney den Erfolg wiederholen - und dem Film, mit dem alles begann, ein Denkmal setzen. Doch das Goldkind scheint zum Problemkind zu werden. Ein Fluch scheint über der Neuverfilmung zu liegen, der sich jetzt, zum Kinostart (20.03.) immer weiter zuspitzt.
Was ist passiert? Die Chronik eines drohenden Filmdesasters.
Die Besetzung: Nicht "unser" Schneewittchen?
Seit 2020 warten Disney-Fans auf die Schneewittchen-Realverfilmung. Die Spannung, wer in die zarten und doch riesigen Fußstapfen der ersten aller Disney-Prinzessinnen treten wird? Kolossal.
Man kann es nicht allen recht machen. Schon gar nicht, wenn es um Prinzessinnen geht. Da hat jeder sein eigenes Idealbild im Kopf. Doch Rachel Zegler, auf die die Wahl schließlich fiel, passte manchem so gar nicht in seine weiße, weichgezeichnete Märchenwelt.
Es hagelte rassistische Kommentare. Der Vorwurf: Als Latina könne Rachel Zegler doch unmöglich Schneewittchen verkörpern, das schließlich “eine Haut so weiß wie Schnee” habe. Auf Instagram konterte die Schauspielerin cool:
Ja, ich bin Schneewittchen, nein, ich werde meine Haut für die Rolle nicht bleichen.
Halle Bailey wurde mit ähnlich rassistischem Hass im Internet konfrontiert, als ihre Rolle in "Arielle" bekannt gegeben wurde.
Doch in beiden Fällen hielt der Konzern zu seinen Prinzessinnen. Wie ritterlich.
Die falschen Zwerge?
Kritik hagelte es auch für die sieben Zwerge.
Der Schauspieler Peter Dinklage, selbst kleinwüchsig, kritisierte im Podcast "WTF" das Schneewittchen-Remake scharf. Er nannte Disney "scheinheilig", weil der Konzern stolz eine Latina als Prinzessin besetzt hatte, aber "immer noch diese verdammt rückständige Geschichte von sieben Zwergen erzählt, die zusammen in einer Höhle leben".
Das Disney-Studio erklärte daraufhin, es habe sich mit Vertretern der kleinwüchsigen Gemeinschaft beraten und einen anderen Ansatz für die sieben Charaktere gewählt. Die Zwerge wurden schließlich computeranimiert und nicht von echten Schauspielern dargestellt.
Übrigens: Das Wort "Zwerg" kommt im ganzen Film kein einziges Mal vor. Nun gibt es unter anderem "magische Kreaturen".
Ist Schneewittchen zu "woke"?
Im September 2022 gab die Hauptdarstellerin Rachel Zegler den Kritikern von Schneewittchen ungewollt neuen Zündstoff.
In einem Interview auf dem roten Teppich tat sie die Liebesgeschichte des Originals als "veraltet" sowie "sexistisch" ab und bezeichnete den Prinzen als "Stalker". Der Originalfilm habe ihr als Kind Angst gemacht. Viel besser die Neuinterpretation: Das "neue Schneewittchen" werde sich im Film auf eine Reise zu sich selbst begeben. Der Prinz wurde kurzerhand gegen einen Robin Hood-ähnlichen Freiheitskämpfer getauscht, weshalb Schneewittchen auch nicht mehr das Lied "Someday My Prince Will Come" ("Eines Tages wird mein Prinz kommen") trällert. Dafür gibt es "Waiting on a Wish" auf die Ohren.
Viele eher konservativ eingestellte Disney-Fans gingen daraufhin auf die Barrikaden, warfen Rachel Zegler und Disney Arroganz und falsche "Wokeness" vor.
Und als wäre das nicht genug, kommt Schneewittchen auf dem Weg zu den sieben "magischen Kreaturen" hinter den sieben Bergen auch noch der Hollywood-Streik in die Quere. Der Kinostart verschob sich von März 2024 auf März 2025.
Die böse Stiefmutter im Visier
Nachdem im Sommer 2024 der erste Trailer zu "Schneewittchen" veröffentlicht worden war, richtete sich der Online-Hass gegen Gal Gadot als böse Stiefmutter. Im Netz riefen pro-palästinensische Gruppen zu Protesten auf, weil Gal Gadot Israelin ist, ihren Wehrdienst in der israelischen Armee geleistet und nach dem Terrorangriff der Hamas 2023 für Israel Partei ergriffen hatte.
Schneewittchen wird zunehmend politischer.
Ein Film ohne Premiere
Eine Reihe von Stolpersteinen türmte sich zu einem Berg von Problemen auf. Vielleicht hat Disney deshalb die Premiere seines neuen Films so klein und diskret wie möglich gehalten. Auf dem roten Teppich waren laut "The Hollywood Reporter" keine Interviews erlaubt, weil Disney seine Stars Rachel Zegler und Gal Gadot von den Journalisten fernhalten wollte.
Ende gut alles gut? Das wird sich erst noch zeigen. Vielleicht bekommt "Schneewittchen" sein Happy End ja noch an den Kinokassen.
Dieses Thema im Programm: Das Erste | BRISANT | 19. März 2025 | 17:15 Uhr